Das Fahrrad, ein Werkzeug der Evangelisierung

Februar 2023

Manche Priester haben Leidenschaften. Bei Don Jean-Yves ist es das Fahrrad, das ihm nicht nur als Fortbewegungsmittel dient, sondern auch als Werkzeug für die Evangelisierung. Außerdem ermöglicht es ihm, nach dem Geist von « Laudato Si » zu leben. Ein Zeugnis…

Was ist Ihre Geschichte mit dem Fahrrad?

Ich habe erst spät mit dem Radfahren begonnen, nachdem ich 1999 mein erstes Rennrad geschenkt bekommen hatte, als ich in der Pfarrei von Saint-Raphaël in Südfrankreich war. Ich nahm an der 1. Radsportmeisterschaft des Klerus teil, die Don Pierre-Marie de Framond im Jahr 2000 ins Leben gerufen hatte, ein wenig aus sportlicher Solidarität. In Wirklichkeit war dieses Ereignis für mich wie die Offenbarung, dass dieser Sport sowohl mental als auch körperlich sehr interessant ist. Als ich einige Zeit später als Missionar nach Kuba geschickt wurde, gründete ich dort mit den Jugendlichen aus Placetas einen katholischen Pfarr-Radsportclub (C.C.C.P.) und machte das Fahrrad sowohl zum täglichen Fortbewegungsmittel als auch zu einem persönlichen und pastoralen Sport! Als ich 2016 nach Frankreich zurückkehrte, entschied ich mich, kein neues Auto zu kaufen, sondern die wohlbekannte Kombination aus Soutane und Drahtesel zu bevorzugen. Für längere Reisen wird das Fahrrad mit dem Zug kombiniert. Heute, als Pfarrer von Arles, bleibt das Fahrrad für mich ein nützliches und pastorales Werkzeug. Mit den Männern der Pfarrei habe ich einen neuen C.C.C.P. gegründet. Und ich nehme weiterhin an der französischen Radsportmeisterschaft des Klerus teil, wann immer ich kann, mit bislang fünf oder sechs Teilnahmen auf meinem Konto! Ich habe diese Art der Fortbewegung also aus ökologischen Gründen, aus Gründen der Sparsamkeit und aus Freude an körperlicher Anstrengung und auch an Herausforderungen gewählt.

Welchen Stellenwert hat das Fahrrad in Ihrem Dienst?

Ich beanspruche den prophetischen Charakter des Verzichts auf die Nutzung eines Motorfahrzeugs, und meine Option soll auf die möglichen konkreten Folgen der Lektüre von Laudato Si (der Umweltenzyklika von Papst Franziskus) aufmerksam machen. Es gibt in der Tat viele andere Möglichkeiten, die Bekehrung zu einem nüchterneren Leben zu leben und die Leitlinien der integralen Ökologie zu adaptieren. Andererseits ist das Fahrrad an sich ein schönes pastorales Werkzeug. Das zeigt sich zum Beispiel bei den Mountainbike-Pilgerfahrten, die es in etwa 30 Diözesen gibt. Letzten Sommer haben wir uns mit 12 Fahrern auf eine Reise mit dem Titel « Vélo l’alto » begeben, 550 km in 5 Etappen mit 15 000 Höhenmetern, die eine Tour du Mont Blanc zwischen Frankreich, der Schweiz und Italien bilden: ein sehr starkes menschliches, sportliches und spirituelles Abenteuer!

Haben Sie in Ihrer Pfarrei konkrete ökologische Praktiken eingeführt?

Unsere Gemeinde in Arles ist seit zwei Jahren Teil der Bewegung « Grüne Kirche ». Dabei handelt es sich um ein Instrument, mit dem die Gläubigen und Hirten in der Dynamik der ökologischen Umkehr motiviert werden können, wobei alle Aspekte des Gemeindelebens berücksichtigt werden. Der Prozess beginnt mit einer Diagnose, die es ermöglicht, die große Kluft zu messen, die oft zwischen unseren ökologischen Anliegen und der Realität vor Ort besteht. Dann geht es darum, sich zu entscheiden, einen Schritt nach dem anderen zu tun (in der Liturgie, im Transportwesen, bei den Gebäuden usw.). In diesem Sinne haben wir das Projekt « Maison du Carmel » ins Leben gerufen, einen pastoralen, generationenübergreifenden und ökologischen Ort, in dessen Zentrum das Prinzip der integralen Ökologie steht, um auf zahlreiche Herausforderungen, sowohl kirchlicher als auch gesellschaftlicher Art, zu reagieren.

Hat Sie die Enzyklika Laudato Si dazu ermutigt, in diese Richtung zu gehen?

Natürlich, vor allem in ihrer Verbindung mit der Option 0 Auto! Das gesamte erste Kapitel der Enzyklika vermittelt ein konkretes Bewusstsein für den Ernst der Lage und die Notwendigkeit, auf die eine oder andere Art und Weise zu handeln. Dabei geht es nicht nur um eine bessere CO2-Bilanz: Wenn man sich ein Fortbewegungsmittel wie das Fahrrad zulegt, bekommt man wieder einen Bezug zur Realität des Bodens, des Klimas und des Wetters. Unsere moderne Welt befindet sich in einem ständigen Kampf gegen die Uhr und den Raum. Wir möchten zur gleichen Zeit hier und dort sein. Es gibt eine starke Versuchung, Ubiquität zu erreichen (ein Privileg, das jedoch göttlich oder zumindest engelhaft ist), anstatt in Dankbarkeit für Zeit und Raum zu sein, die die menschliche Erfahrung prägen.